Unterdessen fahren wir zwischen Meer und Schneebergen Richtung Franz Josef. Der berühmte Franz Josef-Gletscher trohnt über dem Dorf, es fühlt sich ein wenig an wie in der Schweiz. Nur das Raclette - das fehlt.* Wir entscheiden uns spontan einen Pausentag einzulegen und eine Wanderung zu machen. Vom Alex Knob aus geniessen wir eine wunderbare Aussicht auf den Gletscher, gemeinsam mit den Velofahrerinnen Kate und Steffi. Wir haben die beiden vor ein paar Tagen kennengelernt und begegnen uns nun immer wieder unterwegs, da wir ungefähr im selben Tempo radeln. Das Wetter ist unerwartet sonnig. Ein Kea legt eine kurze Showeinlage vor uns ein, als wir auf dem Gipfel sitzen. Am liebsten würden wir hier oben unter dem Sternenhimmel übernachten und warten bis noch mehr Keas in der Dämmerung auftauchen. Da wir an diese Option erst auf dem Gipfel denken, nehmen wir am Nachmittag den Abstieg in Angriff - Die Versuchung einer kühlen Glacé lockt uns zurück ins Bergdorf. Beim Aufschliessen unserer Fahrräder machen wir eine lustige Entdeckung - offenbar hat ein Kea unsere Velosättel degustiert. Die Papageien sind bekannt für ihre Neugier. Bei manchen sind sie auch verhasst, da sie gerne auch 'mal ein Auto verwüsten in dem sie Gummidichtungen herausziehen oder Antennen abreissen (Für alle die sowas geniessen, findet ihr hier ein Beispiel, wie ein Polizeiauto demoliert wird. Immerhin kein Tesla...). Aber keiner der Velosättel scheint ihnen sonderlich geschmeckt zu haben. Auf Jonas Ledersattel ist nur ein Kratzer, in Helens Gelsattel ein einzelner präziser Hick, um das Innere freizulegen. Ob der Gel wohl bitter schmeckt? Wir kosten nicht, sondern flicken erneut mit dem Supertape, das nun bestens performt. Ein paar Tage später erzählen wir die Story lachend zwei neuseeländischen Velofahrer:innen. Sie meinen, wir hätten Glück gehabt. Ihnen haben Keas schon einmal beide Velosättel komplett zerlegt auf einer früheren Velotour.
Wider Erwarten bleibt das Wetter trocken und sonnig. Wir haben uns auf Regen eingestellt, denn wir befinden uns nun in einer der regenreichsten Regionen Neuseelands mit 3900-4500 mm Niederschlag pro Jahr. Im Vergleich dazu sind die Niederschlagsmengen im Schweizer Mittelland mit 900-1200 mm jährlich wesentlich geringer. Umso mehr geniessen wir es nebst dem Franz Josef-Gletscher auch den Fox-Gletscher unter stahlblauem Himmel besichtigen zu können. Der Gletscher mündete früher direkt in den Regenwald, auch heute noch ist der landschaftliche Kontrast beeindruckend. Gletschermoräne und Gletscherbach führen durch eine quasi unverbaute Landschaft bis zum Meer. Das einzige was unsere Stimmung trübt, sind die vielen Heliflüge. Tourist:innen werden auf dem Gletscher für ein paar Minuten abgesetzt, im Minutentakt fliegen Helikopter ins Tal. Da kann man nur hoffen, dass dieses Business in der Schweiz zukünftig nicht auch ausgebaut, sondern auf nachhaltigere Tourismusoptionen gesetzt wird. Nur wenige Stunden nachdem wir den Fox-Gletscher besucht haben, baden wir wieder im Meer. Ein letztes Mal für eine längere Zeit. Denn nachdem wir Haast erreicht haben, fahren wir Richtung Osten ins Inland und verlassen die Region West Coast. 268 Kilometer und zwei Pässe trennen uns noch von Queenstown. Um den Haastpass zu erklimmen starten wir früh und so sind wir bereits kurz nach dem Mittag auf der Passhöhe. Durch einen schattigen Wald und über eine offene Ebene sausen wir zu einem DOC Campingplatz. Wir stellen als erste das Zelt auf und erwischen einen Spot mit fantastischer Aussicht. Einen kurzen Fussmarsch entfernt liegen die sogenannten Blue Pools. Für ein Bad spazieren wir gerne noch ein wenig durch den Wald und tatsächlich haben wir beide noch nie so klares blaues Wasser gesehen. Wir sind nicht die einzigen die baden, die Stimmung ist ausgelassen und wir schätzen uns glücklich, dass wir so früh los sind. Auch die nächsten Tage sind landschaftlich unglaublich schön. Nach der sattgrünen Westküste mit ihren Gletschern radeln wir nun durch aride Berglandschaften. Grosse Seen, eindrückliche Bergketten und eine schöne Routenführung machen wett, dass wir nachwievor aufgrund fehlender Alternativen hauptsächlich auf stark befahrenen Strassen unterwegs sind. Nach einem Zwischenstopp in der Stadt Wanaka und einem Barbequeabend mit anderen Velofahrer:innen am Seeufer, nehmen wir den letzten Pass in Angriff. Die Crown Range ist auch der höchste Punkt der ganzen Route und obwohl wir insgesamt schon ziemlich viele Höhenmeter erradelt haben, liegt der Pass nicht höher als 1076 m ü. M. Wir sind inzwischen so fit, dass wir auch bei dieser Fahrt die Mittagspause auf Passhöhe einlegen. Nach einer rasanten Abfahrt legen wir einen letzten Zwischenstopp vor Queenstown im Goldgräberdörfchen Arrowtown ein. Nachdem wir die letzten Tage viel selber gekocht haben, ist es wieder einmal Zeit auswärts essen zu gehen. Die Gartenbeiz The Fork and Tap ist gut gefüllt, die Stimmung ausgelassen, das Essen phänomenal. Livemusik spielt auf und am Schluss tanzen die Neuseeländer:innen sogar auf den Tischen! Den nächsten Morgen gehen wir gemütlich an, denn der leckere Gin Tonic klingt noch nach. Die 35 Kilometer Fahrradweg bis Queenstown unterbrechen wir für eine Mittagspause am Shotover River. Der natürliche Strand am Flussufer lädt dazu ein sich ein wenig in den Schatten der Bäume zu legen. Kurz vor Queenstown kontern wir in der ersten Craft Beer-Brauerei mit einem kühlen Konterbier. So geht das - würde Maloney sagen. *Der Käse hier ist so grottig, wir werden nach unserer Rückkehr wohl den ganzen Sommer hindurch Fondue und Raclette essen.
2 Kommentare
Hey ehr zweu, bin immer weder überrascht wie as mer näbem ganze Velofahre no d'Energie hed so super Blogbiiträg z'schriibe. Ächt cool und en gute Kontrascht, be eus esch endlich de Schneee cho. Ich glaub i gnüsse mol es Fondü und überlegg mer debii wie mer en Kääseexport chan ufd Bei stelle (- ;
Antworten
Jones
28/1/2023 09:10:57
Hey K! Merci vielmol! :-)
Antworten
Antwort hinterlassen |